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Erstzertifizierung

Wissen Sie, was mit einer Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001 auf Sie zukommt? Seit 20 Jahren berate ich mittelständische Unternehmen beim Aufbau von QM-Systemen und bereite sie auf die Zertifizierung vor. Wie eine Erstzertifizierung abläuft und welche Audits in den folgenden Jahren auf Sie zukommen, habe ich in diesem Artikel zusammengefasst. Mit der Roadmap Erstzertifizierung können Sie die Visualisierung dazu herunterladen.

Die Rolle von Zertifizierungsgesellschaften bei der Einführung eines Managementsystems

Während Sie damit beschäftigt sind, ein Managementsystem einzuführen, rückt früher oder später die Frage nach der Zertifizierungsgesellschaft in den Fokus. Manche meiner Kunden haben schon vor unserem ersten Gespräch eine Auswahl getroffen, mit welcher Gesellschaft sie sich eine Zertifizierung vorstellen. Andere möchten bei der Auswahl unterstützt werden. Wiederum andere kontaktieren zuerst eine Zertifizierungsgesellschaft, um etwas über den Ablauf zu erfahren. Es gibt kein Richtig oder Falsch in der Vorgehensweise. Irgendwo muss man schließlich den Anfang machen. Die ersten Erkenntnisse aus diesen Anfängen:

  • Zertifizierungsgesellschaften informieren über den allgemeinen Ablauf und bieten ihre Dienstleistung an. Aus Gründen der Neutralität gehört Beratung jedoch nicht dazu. Wer zertifiziert, darf nicht beraten.
  • Der Zeitpunkt der Kontaktaufnahme ist Ihnen überlassen. Sie sollten aus organisatorischen Gründen nicht zu lange warten.

ISO 9001 Zertifizierung als Erfolg: Warum die Kontinuität entscheidend ist

Die Zertifizierung eines Unternehmens nach ISO 9001 bestätigt seine Qualitätsfähigkeit. Dazu werden die Prozesse der Organisation auditiert und nicht Produkte, Dienstleistungen oder gar Personal. Mit dem Zertifikat signalisiert das Unternehmen gegenüber Geschäftspartnern, Prozesse nach Anforderungen der ISO 9001 umgesetzt zu haben.

Das klingt nun vielleicht nicht sonderlich euphorisch, sondern eher wie Schulnote Drei, denn da ist noch „Luft nach oben“. Wie gut Sie als Unternehmen tatsächlich sind, zeigt die Kontinuität einer Zertifizierung. Denn mit Disziplin, einem motivierten Team und einem gut geführten Projekt zur Einführung eines QM-Systems, lässt sich eine Erstzertifizierung erfolgreich durchführen. Den Erfolg sollten Sie auch gebührend feiern und das Zertifikat gerne als Belohnung sehen.

Ein QM-System zeigt seine Qualität mit der Kontinuität. Bleiben Sie am Ball und entwickeln Sie das QM-System weiter.

Regelmäßige Audits nach der Erstzertifizierung: Überwachungs- und Re-Zertifizierungstermine im Überblick

Verschaffen Sie sich mit Abbildung 1 einen Überblick über den Auditzyklus.

Auditzyklus ab Erstzertifizierung
Abb. 1: Auditzyklus ab Erstzertifizierung

Sobald die Erstzertifizierung erfolgreich stattgefunden hat, finden jährlich Audits durch die Zertifizierungsgesellschaft statt. Diese sind mal mehr, mal weniger umfangreich. Das gerade erworbene Zertifikat trägt ein Datum in der Zukunft: Der Gültigkeitszeitraum beträgt drei Jahre. Danach muss das Zertifikat durch eine Re-Zertifizierung erneuert werden.

Die Erstzertifizierung ist sicherlich der größte Aufwand. An zweiter Stelle folgt bezüglich des Aufwands die Re-Zertifizierung, während die Überwachungsaudits etwas kürzer ausfallen. Die Re-Zertifizierung gehört von nun an alle drei Jahre zum Regeltermin. In der Zwischenzeit finden im Abstand von je 12 Monaten Überwachungsaudits statt. Sie dienen dazu

  • die Weiterentwicklung des QM-Systems zu beurteilen
  • Nebenabweichungen aus dem letzten Audit zu überwachen

Das Überwachungsaudit verläuft gut, wenn am Ende die Weiterführung des Zertifikats empfohlen wird.

Vertragslaufzeit mit Zertifizierungsgesellschaften

Der Vertrag Ihres Unternehmens mit der Zertifizierungsgesellschaft wird immer für den Zeitraum von drei Jahren abgeschlossen (siehe Abb. 2). Die Zusammenarbeit startet mit der Zertifizierung bzw. Re-Zertifizierung. Darauf folgen zwei Überwachungsaudits im jährlichen Abstand.

Vertragszeitraum mit der Zertifizierungsgesellschaft
Abb. 2: Vertragszeitraum mit der Zertifizierungsgesellschaft

Ein anderer Begriff für „Re-Zertifizierung“ ist Wiederholungszertifizierung. Es mag noch weitere Worte dafür geben, in der Bedeutung geht es immer darum, das Zertifikat zu erneuern.

Planen Sie den Termin der Erstzertifizierung sorgfältig – Auswirkungen auf den Jahreskalender beachten

Wählen Sie den Termin der Erstzertifizierung mit Bedacht. Ausschlaggebend ist das Datum des Stufe 2-Audits (stage 2-audit). Dieser Termin sollte gut in Ihren Jahreskalender passen, weil ab der Erstzertifizierung ein wiederkehrender Audittermin zur gleichen Jahreszeit erfolgt. Wenn Sie also jährlich an bestimmten Messen teilnehmen oder durch ein Saisongeschäft geprägt sind, gibt es ungünstige Zeiträume für eine Zertifizierung.

Sehr häufig habe ich erlebt, dass ein Unternehmen zum Jahreswechsel beschließt, ein QMS einzuführen und „in diesem Jahr die Zertifizierung zu schaffen“. Die Dauer von knapp 12 Monaten für die Einführung und Vorbereitung für die Zertifizierung ist mit viel Engagement vielleicht machbar. Jedoch ist das Zeitfenster „Jahreswechsel“ für eine Zertifizierung in der Regel sehr ungünstig: Jahresendspurt bei Kundenprojekten, Feiertage und Urlaubszeiten. Ich empfehle, diesen Ansporn zu überdenken und einen besseren Zeitraum ins Auge zu fassen.

Die Zertifizierungsgesellschaften haben nur wenig Spielraum, den Termin vorzuziehen oder zu verschieben. Darüber wacht die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS). Es ist in der Regel möglich, den Termin um maximal drei Monate vorzuziehen oder um einen Monat zu verschieben.

Roadmap für die Erstzertifizierung

Wie bereits angedeutet, gibt es beim Verfahren der Erstzertifizierung ein paar Besonderheiten, die ich hier ausführlicher darstelle. Die nachfolgende Abb. 3 zeigt die wesentlichen Audits. Laden Sie die vollständige Roadmap herunter, die mit dem Beschluss zur Einführung eines QM-Systems nach ISO 9001 beginnt und bis zur Re-Zertifizierung führt.

Auditstufen der Erstzertifizierung
Abb. 3: Auditstufen der Erstzertifizierung

Die Entscheidung für ein QM-System und eine Zertifizierung: Gründe und Anforderungen

Am Anfang steht die Entscheidung der Geschäftsführung, ein QM-System einzuführen und zertifizieren zu lassen. Die Zertifizierung ist übrigens keine Anforderung der ISO 9001, sondern eher eine Forderung des Marktes. Es kann sein, dass Sie vermehrt Nachfragen von Kunden wahrnehmen. Möglicherweise gibt es sogar Geschäftsbeziehungen, in denen eine Zertifizierung zur Bedingung gemacht wird. Unternehmen, die aufgrund ihrer Branche das Sozialgesetzbuch erfüllen müssen, sind gesetzlich zu einem Qualitätssicherungssystem verpflichtet. Die Zertifizierung nach ISO 9001 entspricht dieser Pflicht (zum Beispiel im Sozial- und Gesundheitswesen). Bei Bildungsträgern sind gegebenenfalls noch weitere Besonderheiten zu beachten (zum Beispiel AZAV).

Worauf Sie bei der Auswahl einer Zertifizierungsgesellschaft achten sollten

Der Zeitpunkt, wann Sie Kontakt zu Zertifizierungsgesellschaften aufnehmen, ist beliebig. Die Einführung des QM-Systems wird etwa 12 bis 18 Monate in Anspruch nehmen. Wenn das Projekt mit einer gewissen internen Priorität geführt wird, sind 12 Monate machbar. Also haben Sie Zeit, Angebote einzuholen und die Menschen der Zertifizierungsgesellschaften kennenzulernen.

Letzteres ist sehr wichtig, denn die kommenden Audits müssen zwischenmenschlich funktionieren. Die akkreditierten Zertifizierungsgesellschaften gehen alle nach den gleichen Schritten vor. Vielleicht gibt es noch Unterschiede im Preis. Da Sie von nun an die Kosten jährlich budgetieren müssen, ist dies ein nachvollziehbares Kriterium. Mein Tipp: Bevor Sie Angebote einholen, notieren Sie, was Sie von einer Zertifizierungsgesellschaft erwarten. Aus Erfahrung kann ich folgende Hilfestellung dabei geben:

  • Was ist für Sie wichtig bezüglich der Kommunikation mit der Zertifizierungsgesellschaft und den Sachverständigen (Auditoren und Auditorinnen)?
  • Was ist für Sie wichtig, wenn es um die organisatorische Vorbereitung von Audits geht?
  • Wie wichtig ist Ihnen der Imagewert der Zertifizierungsgesellschaft? (Bekanntheitsgrad im Kundenkreis, ggf. international)
  • Was möchten Sie zur Person des Zertifizierungsauditors oder der Zertifizierungsauditorin wissen? (Vita, Branchenkenntnis, Erfahrung bezüglich Unternehmensgrößen)

Die Bedeutung des Voraudits für die Zertifizierung nach ISO 9001

Die Zertifizierungsgesellschaften werden Ihnen die Durchführung eines Voraudits anbieten. Es verfolgt das Ziel festzustellen, inwieweit bereits Anforderungen der ISO 9001 erfüllt werden. Das Voraudit kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten durchgeführt werden: Mit oder sogar vor Beginn der Einführung bzw. wenn Sie der Meinung sind, zum Zertifizierungsaudit antreten zu können.

Laut Vorgabe der DAkkS darf eine Zertifizierungsgesellschaft dafür maximal einen Tag aufwenden, da ein Voraudit Beratungscharakter hat.

Vorteile des Voraudits

  • Sie lernen Zertifizierungsgesellschaften und Auditorinnen und Auditoren kennen, ohne einen dreijährigen Vertrag abzuschließen.
  • Onboarding von Auditorinnen und Auditoren zu einem frühestmöglichen Zeitpunkt. Sie lernen sich gegenseitig kennen und bauen Vertrauen auf.
  • Freikarte: Das Ergebnis hat keinen Einfluss auf den Zertifizierungsprozess.

Schwachstellen des Voraudits

Wenn Sie das Voraudit mit der Erwartung einer fundierten Beratung beauftragen, ist ein Tag zu kurz. Es gibt außerdem keine Nachbereitung. Mehr ist jedoch nicht möglich, da die Zertifizierungsgesellschaften das Neutralitätsgebot wahren müssen (Wer zertifiziert, darf nicht beraten).

Fazit zum Voraudit

Das Voraudit ist kein fester Bestandteil des Zertifizierungsprozesses, sondern ein optionales Angebot. Es ist nur im Rahmen der Erstzertifizierung möglich, ein Voraudit in Anspruch zu nehmen.

Die Zertifizierungsreife feststellen: Das Audit Stufe 1 (Bereitschaftsaudit)

Das Audit Stufe 1 (stage 1-audit) verfolgt das Ziel, die Zertifizierungsreife des Unternehmens festzustellen. Man spricht daher auch vom Bereitschaftsaudit.

Bis zu diesem Moment haben Sie am Aufbau des QM-Systems gearbeitet. Nun rufen Sie bei der Zertifizierungsgesellschaft an: „Wir sind so weit – Sie können zertifizieren!“ Sagen wir besser: Sie sind der Meinung, so weit zu sein. Ob das wirklich so ist, muss die Zertifizierungsgesellschaft, vertreten durch einen Auditor oder eine Auditorin, entscheiden. Im Audit Stufe 1 wird

  • gesichtet, ob Sie alle formellen Anforderungen der ISO 9001 erfüllen (sogenannte Dokumentenprüfung)
  • in der Regel eine Begehung vor Ort durchgeführt (Passt der Eindruck aufgrund der Dokumentation zum Eindruck vor Ort?)
  • das Gespräch mit der Geschäftsführung und QMB gesucht.

Es ist wichtig, dass Sie als Geschäftsführung Flagge zeigen. Vor allem im Mittelstand steht und fällt das QM-System mit Ihrem Engagement.

Meilenstein Audit Stufe 1 ist geschafft

Im Idealfall endet der Termin mit der Feststellung „Sie sind bereit für Audit Stufe 2“ oder „Sie sind zertifizierungsreif“. Der Zertifizierungsauditor bzw. die Zertifizierungsauditorin berichtet diese Feststellung der Zertifizierungsgesellschaft. Dann erst kann der Zertifizierungsprozess zum eigentlichen Zertifizierungsaudit übergehen. Zeitlich liegen zwischen den Audits Stufe 1 und Stufe 2 in der Regel nur ein paar Wochen. Sehr oft werden beide Termine gleich vereinbart. Wenn Sie also Ende Februar als regelmäßigen Zeitpunkt für Audits ins Auge fassen, wird der Termin Audit Stufe 1 wahrscheinlich Ende Januar stattfinden.

Das Audit Stufe 1 findet nur bei einer Erstzertifizierung statt.

Die Zertifizierung empfehlen: Das Audit Stufe 2 (Zertifizierungsaudit)

Das Audit Stufe 2 (stage 2-audit) ist das eigentliche Zertifizierungsaudit. Der Begriff wird nur im Rahmen der Erstzertifizierung verwendet. Während dieses Audits führt die auditierende Person Gespräche nicht nur mit Geschäftsführung und QMB, sondern auch mit Führungskräften und Teammitgliedern. Ziel ist es festzustellen, ob Sie die Anforderungen der ISO 9001 in allen Bereichen umgesetzt haben und tatsächlich leben. Es reicht also nicht, Dokumente erstellt zu haben. Die Mitglieder der Belegschaft müssen so handeln, wie es in Prozessbeschreibungen steht. Dazu werden Vorgänge des Tagesgeschäfts besprochen.

Meilenstein Audit Stufe 2 erfolgreich absolviert

Im Idealfall empfiehlt Ihr Zertifizierungsauditor oder Ihre Zertifizierungsauditorin der Zertifizierungsgesellschaft, ein Zertifikat zu erteilen. Es kann sein, dass Kleinigkeiten bis zu einem festgesetzten Termin nachgearbeitet werden müssen (Nebenabweichung | Minor). Der Termin ist im Regelfall das erste Überwachungsaudit.

Nur große Abweichungen (Haupt- oder kritische Abweichung | Major) führen dazu, ein Zertifikat nicht sofort zu erteilen. Hier sind kurzfristig Nacharbeiten notwendig.

Nach der Überprüfung des Auditberichts erhalten Sie das Zertifikat

Zum Abschluss geht der Auditbericht an die Zertifizierungsgesellschaft. Das übernimmt der Zertifizierungsauditor bzw. die Zertifizierungsauditorin (Sachverständige). Dieser Bericht bildet die Grundlage für die Zertifizierungsgesellschaft, über die Erteilung eines Zertifikats zu entscheiden. Somit wird die Empfehlung aus dem Audit Stufe 2 noch einmal überprüft. Die Entscheidung liegt bei der Gesellschaft.

Davon bekommen Sie letztlich nichts mit, da nur der Zertifizierungsbericht mit allen Feststellungen und Nachweisen gesichtet wird. Die Sachverständigen müssen gegebenenfalls Stellung nehmen.

Die interne Wirkung der Zertifizierung ist positiv

Das Zertifikat ist ein Nachweis, den Sie auf der Website veröffentlichen und Geschäftspartnern zusenden.

Die interne Wirkung von Zertifizierungen ist noch einmal etwas anderes. Wenn die Erstzertifizierung erfolgreich war, ist das Zertifikat eine sehr schöne Belohnung. Damit ist gleichzeitig ein Start für neue Zeiten gesetzt: Von nun an stehen jährlich Audits an. In diesen Audits beweisen Sie, ob Sie das QM-System alle selbst auferlegten Regeln wirklich erfüllen. Daher gehört es dazu, Prozesse zu verbessern und die dazugehörige Dokumentation aktuell zu halten.

Die Wirkung der jährlichen Überwachungen, in denen durchaus intensiv diskutiert wird, ist Aufmerksamkeit für das QM-System und die Auseinandersetzung mit den eigenen Prozessen.

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